VIER

[Montag, 30.03.2020] Heute in der Post:

  • Viktor E. Frankl: Trotzdem ja zum Leben und
  • Olaf Georg Klein: Tagebuch schreiben

M. war einkaufen.

[Dienstag, 31.03.2020] 3 Uhr. Kann nicht schlafen. Mir juckt das Fell, vor allem in den Beinen. Zu lange am Rechner gehockt. Total überdreht. Fresse ausgetrocknet. Gestern Abend wieder in »Schwarze Spiegel« von Arno Schmidt rein gelesen. Der notorische Sitzpinkler pisst nachts im Stehen. Corona Virus Update mit Drosten angehört. Danach war ich ruhiger. Das Jucken hat fast aufgehört. Gegen 5 Uhr eingeschlafen.

Nachmittag Sonne scheint. Der Sohn der Nachbarin sitzt im Garten in der Sonne und liest. In kurzen Shorts, barfuß und nacktem Oberkörper. Vorm Küchenfenster hat es 9° C. Ich friere trotz Heizung. Nachmittags baue ich ab und an rapide ab; es dauert eine Weile bis ich mich wieder gefangen habe. Mit Zwieback und Wasser oder Tee geht es manchmal schneller.

E-Mail von Klaus J. Es geht ihm gut.

[Mittwoch, 01.04.2020] Traum: Renate K. mit Schutzanzug und Saxophon umgehängt impft mich gegen Pneumokokken in einem Sanitätszelt des DRK auf dem neuen Messplatz. Habe mich verspätet und den Termin um eine Viertelstunde überzogen; ihre Tochter Fine war zuvor noch zu Hause bei mir.

Heute in der Post: Petrus Akkordeon – draußen nur Kätzchen. Die Linolschnitte sind sehr schön und die Gedichte voller Empathie eines Katzenliebhabers. Petrus und Hendrik Liersch von der Corvinus Presse würde ich gerne persönlich kennenlernen.

Ramona A. auf Facebook:

Natürlich entlastet es zunächst, wenn man seine Ängste und Gefühle in Worte fasst und sie nieder schreibt. Das Problem dabei ist, dass das einfache wiederholende Niederschreiben auch dazu führen kann, sich tiefer in seiner Sorgen reinzuschreiben. Die kurzfristige Entlastung des Runterschreibens zementiert dann nämlich in unguter weise die Wahrnehmung des Problems.

Ich mache hier keine Poesietherapie. Vielleicht gelingt mir eine Bestandsaufnahme dessen was man Vorbelastung nennt, alt werden oder sein ist keine.

[Donnerstag, 02.04.2020] 1:30 Uhr Mir ist übel; 3:20 Uhr Magensäure randaliert. Bei den Doktores Rezept abholen; dann Apotheke Medikamente bestellen. Bin mit dem Fahrrad unterwegs. Beim Frisör sitzt eine einsame Katze im Fenster und vermisst Kundschaft.

Berliner Straße Donnerstag 2. April 11 Uhr

Heute ist der Todestag unseres Vaters.

Am 2. April gegen 16:30 Uhr werden zwei Leute, ein Mann und eine Frau, von der Verkaufsaufsicht beobachtet, wie sie im dritten Stockwerk des Kaufhauses Schneider eine automatische Liege inspizieren. Kurz vor Mitternacht explodieren im dritten Stock des Kaufhauses zwei Brandsätze …

Nachricht aus Paris.

Wir dürfen nur zum Einkaufen oder max. 1 km um den Block und max. eine Stunde. Man muss sich selbst ein Zertifikat ausstellen und den Ausweis dabei haben.
Da bleibe ich im eigenen Interesse zuhause. Die Krankenhäuser in Paris sind schon am Limit. Also besser gesund bleiben.

Nachricht von Eleonore aus Madrid.

My dearest friends,
I’m just back home from a week in the hospital, with double pneumonia.
Recovering and taking a good rest…
Maybe I can’t answer all your messages, but believe me, I appreciate each and everyone!
Love you all.

Endlich etwas Positives Eleonore ist 81 Jahre alt.

M. war einkaufen; die Oma wurde unruhig.

[Freitag, 03.04.2020] 0:40 Uhr Magensäure randaliert. Ich ersticke eher nachts an meiner eigenen Kotze oder hole mir davon eine Lungenentzündung bevor mich ein Virus dahinrafft. Nacht sehr mäßig. Apotheke Medikamente abholen. Es dürfen nur zwei Leute gleichzeitig rein, alle anderen müssen draußen warten und sich an den markierten Sicherheitsabständen orientieren.

Das Haus im Reiterweg 6 ist zu vermieten. Erinnerungen an WG-Zeiten vor fast fünfzig Jahren werden wach.

[Samstag, 04.04.2020] Nacht vertretbar. Traum: Harald V. schickt mir eine E-Mail, Roswitha F., die Frau von Gerhard Z. sei gestorben. Tinnitus – Lärm links, rechts nur ganz schwach. Badewanne statt Morgendusche. Staubsaugen geht nur mit Schiene halbwegs schmerzfrei. Die rechte Vorderpfote hat heute keinen guten Tag.

Heute in der Post: Hannah Arendt – Denktagebuch. Mein Einkaufsverhalten in Sachen Bücher und mein Umsatz im Frauenbuchladen ist unverändert.

[Sonntag, 05.04.2020] Angenehm warmer Frühlingstag. Die Raben waren heute später an ihrem Fressnapf auf dem Balkon. Fällt mir nicht zum ersten Mal auf: Raben schlafen sonntags länger.

Am Abend mit dem Fahrrad um das ganze Dorf geradelt. Weniger Leute unterwegs als befürchtet. Von den Hunden wollte keiner mit.