Der Schreiner aus Montenegro

Andreas Traschütz soll um 1713 geboren sein. Er kam mit seinem Bruder aus Montenegro nach Heidelberg. Sie waren am Wiederaufbau des Heidelberger Schlosses in den Jahren 1742 – 1764 beteiligt. Er war von Beruf Schreiner; sein Bruder könnte Steinmetz gewesen sein, denn an einer Stelle, der damals erneuerten Schlossmauer müsste der Name Traschütz zu lesen sein. Mein Vater und seine Geschwister haben mir die Stelle gezeigt; ich finde sie nicht mehr.

Ich bin eingewanderter Montenegriner in der siebten Generation. Die Herkunft vom »Schwarzen Berg« schwingt in mir unterschwellig mit.

Als ich Anfang zwanzig war, verbrachte ich ein dreiviertel Jahr in den Black Mountains in Wales. Habe mich dort wohl gefühlt. »On The Black Hill« von Bruce Chatwin mag ich sehr. Die Zeilen von Jeremy Taylor, die er seinem Roman vorangestellt hat, sind treffend.

»Da wir hier nicht verweilen, da unsere Tage gezählt sind und unsere Lebenszeit wie die einer Fliege ist und wir nicht länger da sind als ein Kürbis, müssen wir anderswo nach einer bleibenden Stadt suchen, nach einem Ort in einem anderen Land, wo wir unser Haus bauen …«

Die Aufzählung der Ahnen und ihrer Geschichte wird keine biblischen Ausmaße erreichen; ich fasse mich kürzer.

Andreas heiratete am Dienstag, den 5. November 1748 Sabine Franziska Kolb. Am Sonntag, den 1. Juni 1749 wurde ihr erster Sohn Nicolaus in Heidelberg geboren; ihm folgte sein Bruder Andreas, von ihm sind keine Geburtsdaten bekannt.

Alte Brücke in Heidelberg
Von Ferdinand Kobell – Eigenes Werk, Immanuel Giel 09:41, 29 May 2006 (UTC), Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=820866

Unser Ahnherr starb am Dienstag, den 6. April 1784. In diesem Jahr wird die letzte Holz gedeckte Brücke über den Neckar durch Eisgang zerstört. Die Zerstörung dokumentierte Ferdinand Kobell in einem Gemälde. Von 1786 bis 1788 lässt Kurfürst Carl Theodor an gleicher Stelle eine steinerne Brücke bauen. Die Carl – Theodor – Brücke ist heute als »Alte Brücke« bekannt.

Sohn Nicolaus begründete den Heidelberger Zweig der Familie mit Elan. Er war, wie sein Vater, Schreinermeister. Am Donnerstag, den 3. Februar 1780 heiratete er in Heidelberg Anna Maria Nikum. Sie hatten sieben Kinder: Johanna Franziska, Johann Georg, Johann Nikolaus, Maria Franziska, Elisabeth Henrike, Johann Heinrich und Elisabeth Dorothea; alle sind in Heidelberg geboren.

1781 ließen die Bürger Heidelbergs als Dank an Carl – Theodor, das Karlstor errichten.

Johann Nikolaus Traschütz, geboren am Samstag, den 26. Februar 1785, auch Schreinermeister, heiratete am Sonntag, den 2. Mai 1824 Maria Katharina Schmitt. Die beiden hatten ebenfalls sieben Kinder: Peter Lukas, Anna Christina, Johann Burghard, Johann Franz, Philipp Karl, Johann Heinrich und Elisabeth Katharina. Johann Nikolaus starb am Montag, den 18. Februar 1856 in Heidelberg; er erlebte die Blütezeit der Heidelberger Romantik mit Ludwig Achim von Arnim, Clemens Brentano und Joseph von Eichendorff. Er hätte mir von Hegel erzählen können, wenn er eine seiner Vorlesungen besucht hätte.

Philipp Karl Traschütz, geboren am Freitag, den 11. Juli 1834, wurde Schuhmacher. Er heiratete am Sonntag, den 3. Juli 1864 Anna Katharina Johanna Überle. Die beiden brachten es auf neun Kinder: Susanne Helene, Katharina Luise, Joseph Johann, Christina Helene Susanne, Franz Ludwig, Susanne Helene (ihre Schwester gleichen Namens war im Altern von vier Jahren gestorben), Karl Philipp, Wilhelm Heinrich und Anna Johanna.

Philipp Karl starb am Montag, den 18. Februar 1895. Er war Zeitzeuge des Vormärz und der Badischen Revolution und könnte Ludwig Feuerbachs Vorlesungen im Rathaussaal erlebt haben.

Sohn Franz Ludwig, geboren am Donnerstag, den 19. September 1872, wurde Spengler. Er heiratete am Mittwoch, den 10. März 1897 Walburga Lehr.

Mit Franz Ludwig und Walburga, den Großeltern väterlicherseits, beginnt meine biographische Reise.

[Bearbeitet: 11./12. und 17. Dezember 2019, 22. März 2021]